Die Bibel erwähnt die vier apokalyptischen Reiter im 6. Kapitel der Offenbarung des Johannes als Boten der nahenden Apokalypse, des Jüngsten Gerichts, eines der vier letzten Dinge.

In einer Vision des himmlischen Thronsaals (Offb 4–5 ) wird Johannes ein Buch mit sieben Siegeln gezeigt, das zu öffnen weder ein Mensch noch ein Engel, sondern nur das Lamm Gottes für würdig erachtet wird. Der Ausdruck Lamm (ἀρνίον) bezeichnet in der Offenbarung Jesus Christus. In Offb 6 beginnt das Lamm mit der Öffnung der Siegel. Beim Öffnen der ersten vier Siegel erscheint jeweils auf den Ruf „Komm!“ ein Reiter und sucht die Menschheit mit seinen Geißeln heim.

Offenbarung des Johannes

Text der Einheitsübersetzung:

Insgesamt werden die vier „Komm!“-Rufe, auf die hin die vier Reiter in Erscheinung treten, so gedeutet, dass diese im Einklang mit dem göttlichen Willen und unter Zulassung Gottes auftreten.

Der erste Reiter

Die weiße Farbe des ersten Pferdes (6,2) symbolisiert den Sieg, Reinheit und Gerechtigkeit; der Kranz des Reiters gilt als Siegeskranz. Der mitgeführte Kreuzbogen (Armbrust) ist die weitestreichende Waffe der Antike. Der Aufbruch des weißen Reiters zeigt einen Kriegsausbruch an, auf den in der Offenbarung mehrfach hingewiesen wird (Offb 12,7 ; Offb 16,14 ; Offb 19,11 ).

Auslegungsgeschichte

Altkirchliche Ausleger wie der Kirchenvater Irenäus haben den Reiter auf Christus selbst, oder wie Andreas von Caesarea auf die Verkündigung des Evangeliums gedeutet. Für diese Deutung wird der als Christus erkennbare Reiter in Offb 19,11–16  herangezogen.

Umgekehrt verstehen viele Ausleger den ersten Reiter in Analogie zu den anderen Reitern als Negativgestalt. Auch Martin Luther deutete, angeregt durch einen Holzschnitt Albrecht Dürers und beunruhigt durch die Belagerung Wiens durch die Türken, den ersten Reiter als „die erste Plage, die Verfolgung der Tyrannen“. Diese negative Deutung wird auch von der Mehrheit der wichtigen Exegeten des 19. und 20. Jahrhunderts geteilt.

Der erste Reiter lässt sich außerdem mit Kaiser Nero in Verbindung setzen, der nach seiner Rückkehr aus Olympia in zahlreichen Städten und schließlich auch in Rom auf einem weißen Pferd als bekränzter Sieger einmarschierte. Dies weckt Assoziationen zu einem Reiter auf einem weißen Pferd, der nur um des Siegens Willen siegt.

Der zweite Reiter

Die rote Farbe des zweiten Pferdes (Offb 6,4 ) symbolisiert das Blut und den Tod durch Kriege, und das vom Reiter geführte lange Schwert symbolisiert mächtige Kriegswaffen und Gewalt. Die Weissagung von Kriegen ist ein verbreitetes Motiv apokalyptischer Texte. Für eine zeitgeschichtliche Deutung auf einen bestimmten Krieg oder auf ein Weltreich bietet der Text keine Anhaltspunkte.

Der dritte Reiter

Die schwarze Farbe des dritten Pferdes (Offb 6,5 ) symbolisiert Tod und Hunger. Sein Reiter trägt eine Waage als Symbol für Teuerung und Knappheit. Eine Stimme kündigt Inflation und Hunger an.

Der vierte Reiter

Das vierte, fahle Pferd (Offb 6,8 ) bedeutet Furcht, Krankheit, Niedergang und Tod. Die Farbe wird im griechischen Original mit "chlōrós" angegeben (von altgriechisch χλωρός, Chlorophyll kommt daher), was als "fahl" übersetzt wird. Allerdings wäre das grün eines kranken Menschen oder das verblichene grün (Gegensatz zum lebendigen Grün) besser übersetzt. In zahlreichen Darstellungen der Kunstgeschichte wird das Pferd auch komplett in grün dargestellt.

Die Reihenfolge erfolgt gemäß der Angabe des Propheten Sacharja (Sach 1,8–10  bzw. Sach 6,1–8 ).

Auslegung

Im Laufe der Geschichte wurden die Reiter immer wieder im Kontext von aktuellen Ereignissen interpretiert. Die Möglichkeit, die Texte immer wieder neu auf die konkrete Gegenwart zu beziehen, ist ein Teil der Hermeneutik der Johannesoffenbarung. Die historisch-kritische Wissenschaft versucht die Texte in ihrer ursprünglichen Bedeutung auf die Verhältnisse zur Zeit der Textentstehung zu beziehen, es gelang bisher jedoch nicht in jedem Fall eine schlüssige Erklärung zu geben.

Auslegung der Reiter in der Popkultur

Entgegen dem Bibeltext tritt in der heutigen Popkultur oft ein weiterer Reiter mit dem Namen Pestilenz, Pest oder Krankheit in diversen Medien auf. Dieser Reiter symbolisiert Krankheit und Seuche. Er ersetzt oft einen der anderen vier Reiter, damit die Anzahl der Reiter gewahrt bleibt. Auf diese Weise wird meistens der erste Reiter (der Sieg symbolisiert) ersetzt.

Rezeption in Kunst, Psychologie, Literatur und Musik

Unter den apokalyptischen Motiven nehmen die Reiter gleich der Hure Babylon und dem Fall Jerichos eine hervorragende Stellung ein.

  • Der Wandteppich der Apokalypse in Angers (14. Jh.)
  • Albrecht Dürer: Die vier apokalyptischen Reiter, Holzschnitt (1498)
  • Peter von Cornelius: Die Apokalyptischen Reiter, Karton, (1841–1867)
  • Wiktor Wasnezow: Die apokalyptischen Reiter (1887)
  • Aphrodite’s Child: 666: The Four Horsemen (1972)
  • Metallica: The Four Horsemen (1983)
  • John Gottman: Die vier apokalyptischen Reiter in der Paarbeziehung
  • Rotting Christ: The Four Horsemen (2016)
  • 4 Horseman Talking: Richard Dawkins, Christopher Hitchens, Sam Harris, Daniel Dennet (2007)

Literatur

  • Otto Böcher: Die Johannesapokalypse, Erträge der Forschung 41, Wiss. Buchgesellschaft Darmstadt 4. Auflage 1998, S. 47–56.
  • Michael Bachmann: Die apokalyptischen Reiter. Dürers Holzschnitt und die Auslegungsgeschichte von Apk 6,1–8, in: Zeitschrift für Theologie und Kirche 86 (1989), S. 33–58.
  • Michael Bachmann: Noch ein Blick auf den ersten apokalyptischen Reiter, New Testament Studies, 44. Jg., 1998, S. 257–278.
  • Jens Herzer: Der erste apokalyptische Reiter und der König der Könige. Ein Beitrag zur Christologie der Johannesapokalypse, New Testament Studies 45/2 (1999), S. 230–249.
  • Jens-Wilhelm Taeger: Hell oder dunkel? Zur neueren Debatte um die Auslegung des ersten apokalyptischen Reiters. In: Jens-W. Taeger, David C. Bienert, Dietrich-Alex Koch (Herausgeber): Johanneische Perspektiven. Aufsätze zur Johannesapokalypse und zum johanneischen Kreis 1984–2003 (Forschungen zur Religion und Literatur des Alten und Neuen Testamentes 215), Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2006, S. 139–156.

Weblinks

  • Offb 6 nach der kritischen griechischen Ausgabe von Nestle-Aland

Einzelnachweise


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